Einakter

Alles, was die zwölf Zeilen überschreitet - aber auch noch nicht an die Länge der Slamgedichte/die Vortragsdauer von drei Minuten (oder mehr) heranreicht.

Blick von der Liege & das zweitausendvierhundertzwanzigste Gedicht

Die nutzlose Zeit

Du köstlich verstreichende nutzlose Zeit,
Ich winke dir vom Pool-Rand zu!
Gern wär ich zu reicherem Output bereit,
Doch saug vom Honig deiner Ruh.

Ich lasse meine Blicke schweifen,
Ohne meinen Kopf zu dreh'n.
Reizt's mich Geseh'nes zu begreifen,
Ist eig'ntlich schon zuviel gescheh'n.

Wo immer Schönheiten mich streifen,
Ruf scheu ein Schaudern ich hervor,
Mit Reizes Flut mich einzuseifen -
Das pflegt die Zeit, die ich verlor.

Es zählt kein Tag, wo sonst schon Stunden
Im Zerrbild der Bedeutsamkeit
Sich aufgebläht. Lass dich erkunden,

Du kostbare, streichzarte, nutzlose Zeit!

Alle Rechte bei Markus Berg, der das Gedicht im Rahmen der Kuba-Spendenaktion 2024 erstanden hat.

Hartgestrüpp & das zweitausendvierhundertachtzehnte Gedicht

Anmutungen

Ach, ihr seid noch gar nicht vorbestraft?!
Hat man euch nie erwischt?
Habt ihr per Ausseh‘n mich verarscht,
Verruchtheit aufgetischt?

Rasiert man außerhalb vom Knast sich
Denn derart hart den Schädel?
Blasiertheit war‘s allein, dass fast ich
Evakuiert‘ mein Städel!

Die Tattoowucht entsprang allein
Spätjugendlichen Zwängen?
Gefängnis stünd euch wirklich fein!
Ich will euch da nicht drängen,

Doch optisch passt ihr wunderbar
Auf den Justizvollzugsalltar!
Die Härte, die ihr darstell‘n wollt -
Die ließ sich dort beweisen!
Ihr würdet nur, dort reingetrollt,
Halt weniger verreisen.

Altöttinger & das zweitausenddreihundertachtundneunzigste Gedicht

Süße Auswahl in einem Supermarkt in Altötting

Sommer der Bäuche

Dies wird der Sommer der Bäuche
Und Nabelbeschauung!

Es trennt meinen Blick nur 'ne hautdünne Schicht
Vom Därmegeschläuche
Der Damenverdauung -
Mein lüsternes Schmachten kühlt nun dies Gedicht.

Wie sollt ich den Flaum deiner Unterbauchwölbe
Mich nicht durchwehend wähnen?
Wie mündete nicht ich im Auch-nur-das-sölbe! ?

Beim letzten Sehnendehnen
Dem Triebe-Trubel abzuschwör'n
Entgegen bisheriger Bräuche?

Steht da als Option. Und ich wählte sie görn.
Doch nicht in 'nem Sommer der Bäuche.

Kein Zürich & das zweitausenddreihundertsiebenundneunzigste Gedicht

Marienplatz-Skyline

Unterwegs ohne Kamera

Ist ja klar: Es ergießt sich die Malerischkeit
In den kameralosigen Tag!

Ständig bin ich unbändigstens ablichtbereit -
Wenn nichts sich zeigen mag!

Prompt türmt Idyll sich auf Idyll
Zum Input grauer Zellen.
Das, was ich konservieren will -
Schon hat's die ersten Dellen!

Wie sich der Berg, der Berg!, !der Berg!
Im Kirchturm-Off erhebet! -
Was eines Suchers Lebenswerk,
Wird ex und hopp durchlebet.

Gebannt bind ich ums Ungebannt
Die Fesselchen vom Restverstand.

Was sich bewahrt im Innern,
Lässt sich dereinst erinnern:
"Das war der Tag in jenem Jahr,
Da ich mal ohne Kamera!"

Startgrau & das zweitausenddreihundertneunundachtzigste Gedicht

Baumsilhouetten an der Würm bei Feldmoching

Verfrühtling

Schon sitzen wir draußen bei Sommergetränken
Und dreh'n durch Gespräche von neuen Versuchen.
Wir brüten den Eifer, uns Wärmen zu denken,
Die aus Insgeheimen den Winter verfluchen.

All das ist uns gestattet. Und es wird uns bestätigt,
Da Liebmutter Sonne 'nen Blitzbesuch tätigt

Gemäß eines unterschriftslosen Vertrags.

Schon rattern den Ladenschlussblues die Rolladen,
Die andre Geschäfte beschließen.
Ein ehern Gesetz zerrt an Resteskapaden
Und lehrt uns das alte Verdrießen.

Wir frieren verurteilt, die innere Uhr teilt
Uns mit, dass der Frühling noch lang nicht bei uns weilt.

Es war nur der Rausch eines vorschnellen Tags.

Serenissimaalgen & das zweitausenddreihundertsechsundsiebzigste Gedicht

Algen in der Lagune von Venedig

Die Räuber 3

Hauptmann: Halt!
Mark Zuckerberg: Stillsteh'n!
Alle: Überfall! Hier ist das Geld!

Hauptmann: Da wollten die enden, wie's ihn'n grad gefällt …!
Aber da hab'n wir alle Wörtchen noch mitzureden -
Wir ziehen im Hintergrund längst schon die Fäden!

Alle: Und deshalb mal bitte beim Zukunft-Gestalten
Trotz allen Eifers innehalten!
Hauptmann: Denn wir sind die, die die Ressourcen verwalten -
Alle: Ihr seid nur die, die hier ehemals galten!

Mark Zuckerberg: War das euch nicht klar?
Elon Musk: Was schaut ihr so entsetzt?
Alle: Nur wir bestimm'n, wann das Spiel aus ist!
Mark Zuckerberg & Elon Musk: Hargh!
Hauptmann: Jetzt.

Zwielichter & das zweitausenddreihundertachtundsechzigste Gedicht

Am Markusplatz zu Karneval

Die Räuber 2

Hauptmann: Nun, wie bewerten wir Drei das bislang hier Beseh’ne?
Dem SPA und dem Tal droht das noch nicht Gescheh’ne …

Mark Zuckerberg: Wie lange, Herr Hauptmann, woll'n wir wohl noch warten?
Wir sind höchst solvent – und wir drängen auf Taten!

Elon Musk: Mir ist langweilig!

Hauptmann: Nun, eilig haben wir's nicht!
Die Bad Guttkopper büßen grad ein an Gewicht -
Und je dünner, je günstiger sind sie zu haben.
Denn die fürchten, auch China buhlt um unsre Gaben!

Mark Zuckerberg: Steh'n denn indessen noch außer uns dreien
Andere Räubersleut in unsren Reihen?

Hauptmann: Ja, diese Seppl von Apple, die Google-Stoßer,
Der ChatGPT-Chef ist auch schon ein Großer:
Der melkt neues Wissen aus altem Gedächtnis -
Man rätselt nur, ob er wohl selber noch echt is'!
Längst ist jenes Land all der Dichter und Denker
Nur noch das Pfand einer Verpflichtung an Schenker
Denn unser Schlachtruf heißt – noch einmal probegebellt:

Alle: Dies ist ein Überfall – hier ist das Geld!

Hauptmann: Sprich: Gib den Deppchen ihr Häppchen – danach erst beklau 'se!
Lasst das gern mal sacken, wir machen jetzt Pause!

Giorgio Maggiore & das zweitausenddreihundertsechsundsechzigste Gedicht

Blick vom Campanile vom Kloster San Giorgio Maggiore

Gen Außenseite

Ach, bewahrt mich
Vor der Gram, sich
Für gutgemeintes
Schlecht Gemachtes
Provokant nicht zu bedanken
Bei all den treu mir zugewandten
Anverwandten und Bekannten!

Zu der zunehmend hilflosen Lähmung
Setzt man oftmals sich selber noch Schranken.

Ungewahr jeder eig'nen Beschämung
Keift sich ein als Lärm entfachtes
Nicht Bedachtes
Raus, schon scheint es,
Ein vermeintes
Lebensleid stimmt unversöhnt -

Gram, an die man sich gewöhnt.

Carnevale Padova & das zweitausenddreihundertfünfundsechzigste Gedicht

Vorbereitung zum Karnevalszug von Padua

Räuber 1 aus "Abgespeckt"

Hauptmann: Erlauchte Halunken, Räubersleute
Uns frohlockt heut fette Beute!
Manch Missetat hab'n wir Geriss'nen verbrochen,
Uns dann vor dem Zugriff der Sheriffs verkrochen … -
Doch niemals wieder, Spießgesellen,
Droh'n uns der Verliese Zellen!
Zwar bleibt die Mission von uns abgrundtief bös,
Nur sind wir vom Tonfall nun hochseriös!
Elon Musk und Mark Zuckerberg: Hargh, hargh, Hauptmann Bezos, wir stehen bereit!
Wer wird unser Opfer, wem bringen wir Leid?
Hauptmann: Nun, wir Ganoven beherrschen das Unterzahlspiel -
Drum ist ganz Bad Guttkopp das Überfallziel.
Dort grasen grad, bar aller Art von Gefahren,
Wohlstandsgemästete SPA-Gästescharen.
Diese Badebeschlappten und Frottee-Betuchten
Sind bald in der Gewalt von uns maßlos Verruchten!
Wohlan, ihr Kanaillen, heut schröpfen wir sie!
Nach durchweg erneuerter Dramaturgie -
Ich sehe die Skripte bei allen vorhanden?
Ihr habt auch den Ablauf gelernt und verstanden?
Elon: Kurze Frage! - Hauptmann: Ja, Elon? - Elon: Was mir nicht gefällt,
Zeile 1 heißt es: „Überfall – hier ist das Geld!“
Klingt: „Überfall – her mit dem Geld!“ nicht doch besser?
Dazu grimmes Fuchteln mit Knarre und Messer?
Hauptmann: Werter Mitbandit, du siehst mich reichlich verwundert!?
Du klingst noch verdächtig nach letztem Jahrhundert?!
Wir woll'n nicht mehr irgendwen schnöde berauben -
Wir schröpfen die Blöden, indem sie uns glauben!
Wir geb'n ihnen Peanuts und schönste Versprechen,
Für die sie im Gegenzug bald darauf blechen!
Erst 'n Lager, - Elon: 'n Werk, - Mark: 'ne Umsonst-App - Hauptmann: errichten,
Durch die unsre Opfer zu Dank sich verpflichten,
Und kurz drauf erlassen die Deppen uns Flegeln
Die Steuern - Mark: den Datenschutz, - Elon: Arbeitszeitregeln.
Hauptmann:Wenn die erst verstrickt sind im Netz unsrer Gaben,
Zahl'n sie an uns Geld, das sie nicht einmal haben.
Wo ist Mark? - Mark: Hier, Herr Hauptmann?! - Hauptmann: Mein treuester Scherge!
Du Facebuckel-Schurke vom zuckrigen Berge -
Ja, du weißt, wieviel Tonnen ein Instagramm wiegt
Hast alle mit ein’m Meta Vorsprung besiegt -
Und jetzt unsre Opfer im Bad ausgespäht?
Mark: Sehr wohl, jede Seele und jedes Gerät!
Ich kenn ihre Konten, Gewohnheiten, Schwächen,
Den Schwellenbetrag, ihren Willen zu brechen.
So können für künftige Abhängigkeiten
Wir gnadenlos zünftigen Druck aufbereiten!
Elon: Ich verkauf den'n ein „X“ für ein „E“-Autowerk!
Und flieg auf den Mars! - Mark: Sicher. -Elon: Rauf auf den Berg!
Hauptmann: Ach, Freunde! Was war'n doch Die Räuber bei Schiller
Noch ein beuteloser Stimmungskiller!
Heut wird ein sicker Übeltäter
Zum Überflieger dank Big Data!
Bald gehört uns Bad Guttkopp – wie längst schon die Welt
Per: „Dies ist ein Überfall – hier ist das Geld!“

Wintergartenhaus & das zweitausenddreihundertsechsundfünfzigste Gedicht

Das Wintergartenhochhaus mit drehendem KLogo der Messe Leipzig

Mehrerträge

Was türmt sich da im Mailfach auf
Und schreit: "Bin unerledigt!"?
Wer schaufelt da jetzt weiter drauf,
Wie bleib ich unbeschädigt?

Wann senkt ein wenig Frieden sich
In mein Organisieren?
Wie find' zur Linde wieder ich
Aus der Orkane Gieren?

Die Lage scheint wie festgefahr'n,
Die Tage eint ein Nichts-Erspar'n,
In das ich tief gesunken,

Das mich wie ein Waran umschleicht -
Ich denk' jetzt oft daran: Vielleicht
Ertrag' ich mehr betrunken?

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